Messsystemanalyse MSA
Als Messsystemanalyse bzw. Messmittel-Fähigkeitsanalyse oder
Prüfmittel-Fähigkeitsanalyse, kurz MSA (Measurement System Analysis),
bezeichnet man im Qualitätsmanagement die Analyse der Fähigkeit von Messmitteln und Messsystemen.
In der
Messsystemanalyse kommen ausschließlich statistische Verfahren
(MSA4) zur Anwendung, es erfolgt keine systematische,
metrologische Aufbereitung. Bis heute existiert keine
internationale, allgemeingültige Normung mit der Folge dass
unterschiedliche Vorgehens- und Betrachtungsweisen entstanden
sind, Diese wurden in Richtlinien und Leitfäden von Firmen und
Verbänden erstellt.
QS 9000 ist seit 2006 zurückgezogen, Dennoch bleibt die MSA im
Rahmen der AIAG Core Tools als Empfehlung bestehen.
In Folgenden werden 6 Verfahren kurz beschrieben, die sich an
den Leitfäden der Automobilindustrie (Leitfaden 1999; Leitfaden
2002; DaimlerChrysler 2007) orientieren. Verfahren 2, 3 und 6
beziehen sich auf Analysemethoden, die vor allem in dem
„Measurement Systems Analysis. Reference Manual Fourth
Edition.June 2010“ (MSA4) vorgestellt wurden.
Voraussetzung: Auswahl einer Messeinrichtung mit hinreichend
kleiner Auflösung (R <= 5 % der Toleranz des zu messenden
Merkmals)
- Verfahren 1:
Beurteilung der systematischen Messabweichung (Genauigkeit)
und der Streuung (Richtigkeit) des Prüfmittels ohne
Bedienereinfluss anhand eines Prüfnormals.
- Verfahren 2:
Beurteilung des Prüfprozesses unter Berücksichtigung der
Einflüsse der Bediener-, der Teileauswahl, der Wechselwirkung
zwischen Bediener und Teil sowie der Umgebungsbedingungen.
Dazu werden insbesondere sowohl die Wiederholbarkeit der
Messergebnisse desselben Prüfers am selben Teil als auch die
Reproduzierbarkeit am selben Teil durch verschiedene Prüfer
ermittelt.
- Verfahren 3:
Beurteilung des Prüfprozesses wie Verfahren 2, jedoch ohne
Berücksichtigung des Bedienereinflusses.
- Verfahren 4:
Untersuchung der Linearität der Messergebnisse über dem
gesamten Messbereich durch Analyse der systematischen
Messabweichung ( Bi <= 5 % der Toleranz).
- Verfahren 5:
Dokumentation der Stabilität der Messergebnisse der
Messeinrichtung durch Überprüfen der Messbeständigkeit von
Zeit zu Zeit.
- Verfahren 6:
Attributive Messsystemanalyse für die Beurteilung von
Prüflehren.
Verfahren
1 (Messsystem)
Beurteilung der
systematischen Messabweichung (Genauigkeit) und der Streuung
(Richtigkeit) des Prüfmittels ohne Bedienereinfluss anhand eines
Prüfnormals
- Beurteilung anhand
eines Prüfnormals
- 50 Messungen am
Normal
- Streuung dieser 50
Messungen wird mit der Merkmalstoleranz verglichen
- Der Kennwert Cgk
wird ermittelt.
Ein
Cgk>1,33 bedeutet, dass die ermittelte systematische
Abweichung vom Normal plus 4s der Messreihe 10% der Toleranz
nicht überschreitet.
Verfahren
2 (für Messprozesse mit Bedienereinfluss)
Beurteilung des
Prüfprozesses unter Berücksichtigung der Einflüsse der
Bediener-, der Teileauswahl, der Wechselwirkung zwischen
Bediener und Teil sowie der Umgebungsbedingungen.
Dazu werden insbesondere sowohl die Wiederholbarkeit der
Messergebnisse desselben Prüfers am selben Teil als auch die
Reproduzierbarkeit am selben Teil durch verschiedene Prüfer
ermittelt.
Die Anzahl der Prüfer und der Teile für das Experiment ist
abhängig von der Forderung (z.B. 2 Prüfer, 10 Teile, 2
Messreihen je Prüfer oder 3 Prüfer, 10 Teile und 3 Messreihen)
Die Kennwerte
- EV =
Wiederholstreubreite (Messmittel)
- AV =
Vergleichstreubreite (Prüfer)
- PV = Teilestreuung
- IA = Streubreite der
Wechselwirkung
werden ermittelt und
letztlich zum Fähigkeitskennwert GRR verarbeitet.
Die
Forderung für fähige Prozess ist %GRR < 10 %
Für bedingt
fähige Prozesse gilt 10 % <= %GRR <= 30 %
Verfahren
3 (für Messprozesse ohne Bedienereinfluss)
Beurteilung des
Prüfprozesses wie Verfahren 2, jedoch ohne Berücksichtigung des
Bedienereinflusses.
Empirische Ermittlung
des Einflusses der zu messenden Produkte (Oberfläche,
Verschmutzung, Temperatur etc.)
Gemessen werden 25 Teile, die möglichst über die Toleranz
verteilt sein sollen. Diese Messung wird nochmals wiederholt.
Dann wird die Streuung der Messergebnisse derselben Teile
ermittelt, die 20% der Toleranz nicht überschreiten sollte.
Für automatische Messeinrichtungen (z.B. mechanisierte
Messeinrichtungen, Prüfautomaten, automatisches Handling usw.),
bei denen der Bedienereinfluss entfällt oder klein ist,
bestimmt.
Berechnet wird der vereinfachte Kennwert GRR = EV.
Die
Forderung für fähige Prozess ist %GRR < 10 %
Für bedingt
fähige Prozesse gilt 10 % <= %GRR <= 30 %
Verfahren
4 (Linearitätsstudie)
Untersucht wird die
Linearität der Messergebnisse über dem gesamten Messbereich
durch Analyse der systematischen Messabweichung.
(Bi <= 5 % der Toleranz)
Die Linearitätsuntersuchung ist dann erforderlich, wenn der
Messbereich des Messgerätes bei den anfallenden Messaufgaben
ausgenutzt werden soll.
- An mehreren Stellen innerhalb des Messbereichs
wird die systematische Messabweichung ermittelt.
- Erforderlich sind mehrere – minimal drei, besser fünf oder
sieben – Normale mit bekanntem Referenzwert
- Die Referenzwerte sollten so gewählt werden, dass diese in dem zu
untersuchenden Messbereich gleichmäßig verteilt liegen
- Jedes Normal wird 10 Mal unter Wiederholbedingungen gemessen
- Das Produkt aus der Anzahl der Normale und der Anzahl der
Wiederholungen sollte mindestens 30 ergeben
- Aus den zehn Messungen je Normal sind die Mittelwerte zu berechnen
Für jede
Messwertreihe ist die systematische Messabweichung Bi zu
berechnen:
Die an jedem Normal
ermittelte bekannte systematische Messabweichung Bii sollte z. B. dem
Betrag nach kleiner gleich 5 % der Toleranz sein.
In diesem Fall lautet
die allgemeine Forderung für Bii:
Verfahren
5 (fortlaufende Überwachung der Messbeständigkeit)
Dokumentation der
Stabilität der Messergebnisse der Messeinrichtung durch
Überprüfender Messbeständigkeit von Zeit zu Zeit
- Überwachung der Messbeständigkeit mit einem Normal bzw.
Referenzteil
- Ergebnisse werden festgehalten und ausgewertet
- Bei Abweichungen von den Sollvorgaben müssen
Verbesserungsmaßnahmen eingeleitet werden
Zu Beginn der Messbeständigkeitsüberwachung wird eine
Vorlaufuntersuchung durchgeführt.
Für die Untersuchung kann das im Verfahren 1 verwendete Normal
mit dem richtigen Wert xm eingesetzt werden. Dazu wird eine
Qualitätsregelkarte mit folgenden Eingriffsgrenzen angelegt:
Nach Möglichkeit werden
an einem Tag 25 Messungen in gleichen Zeitabständen eingeplant.
Die ermittelten 25 Messwerte werden in die Qualitätsregelkarte
eingetragen. Anhand des Werteverlaufs in der Qualitätsregelkarte
können folgende Fälle unterschieden werden:
- Fall 1:
Liegen die Werte innerhalb der Eingriffsgrenzen, genügt für
Verfahren 5 eine Überwachungshäufigkeit von einmal pro Schicht
zu Arbeitsbeginn
- Fall 2: Bei
trendbedingten Über- und Unterschreitungen muss das
Überwachungsintervall für Verfahren 5 so verkürzt werden, dass
eine Überschreitung der Eingriffsgrenzen verhindert wird.
- Fall 3: Bei
fortwährenden Über- oder Unterschreitungen - trotz Optimierung
des Überwachungsintervalls - muss die Messeinrichtung
verbessert werden.
- Fall 4: Kleinste
Toleranzen können eine Prüfung des Messprozesses grundsätzlich
vor jeder Messung erfordern. Die Messbeständigkeitsprüfung
entfällt dann.
Verfahren
6: Attributive Messsystemanalyse
Attributive
Messsystemanalyse für die Beurteilung von Prüflehren
Zur Überprüfung von Lehren werden nach dem „Measurement Systems
Analysis. Reference Manual. Fourth Edition. June 2010“ (MSA4)
eine ausreichend große Anzahl von Teilen zufällig dem Prozess
entnommen
Teile sollten so gewählt werden, dass die ganze Merkmalstoleranz
überdeckt und überschritten wird
Teile, die in der Zone
II liegen, sind bei der Prüfung attributiver Messsysteme von
besonderem Interesse. Zone II wird mit zunehmender
Prozessfähigkeit schmaler.
Stichprobe wird in
Abhängigkeit der Prozessfähigkeit bestimmt. Dabei sollte „Ein
möglichst großer Teil der Stichprobe nahe der
Spezifikationsgrenzen liegen“.
Methoden der Datenanalyse:
- Hypothesentest
(Kreuztabellen-Methode)
- Signalerkennung
- Leistungskurve des
Messsystems (gage performance curve)
- Vorteile der
Messsystemanalyse MSA
- Für alle
Prüfprozesse anwendbar
- Keine speziellen
messtechnischen Kenntnisse notwendig
- Auswertungen sind
überschaubar komplex. Sie lassen sich relativ leicht mit
Rechenhilfen wie Excel oder Statistiksoftware abbilden.
Nachteile/Hürden der Messsystemanalyse MSA
Es entsteht ein großer
Aufwand für die Durchführung der Experimente.
Jede getroffene Aussage gilt nur für die Bedingungen, die bei
der Durchführung der Experimente geherrscht haben.
Im Fall der Nichtfähigkeit, erhält der Anwender keine gute Unterstützung, da die
Streuungen einzelnen Einflussgrößen nicht zweifelsfrei zugeordnet
werden können.
Die Verfahren haben keinen Zugang in die metrologische Normung
gefunden, sie bleiben somit eine Branchenlösung Automotive.